Kapitel 3 (von: Eraxel)

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Unterwegs entledigte ich mich einiger überflüssiger Gegenstände, die doch
nur wertvollen Platz im Inventar wegnahmen. Hierzu zählen alte Waffen, die
mir nicht mal ein Dussel für mehr als ein Kupferstück abnehmen würde.
Auch die Pergamente und Notizen aus der Leichenhalle schienen mir unnützer
Ballast zu sein, jedoch behielt ich das Buch von Knochen und Asche. Wer
weiß, vielleicht brachte das ja ein paar Kupferstücke mehr ein.

Da mir der Umgang mit einer Klinge seltsam vertraut war, behielt ich den
Dolch, den ich im Mausoleum "gefunden" hatte. Irgendetwas sagte mir, daß
dies keine gewöhnliche Waffe war, also beschloß ich, sie so schnell wie
möglich identifizieren zu lassen. Auch der dreieckige Ohrring verbarg wohl
einige Geheimnisse.

Fragt mich bitte nicht, wie, aber Morte schien die Fähigkeit zu haben,
Gegenstände aufzubewahren. Also überließ ich ihm all das, was ich später
einmal verkaufen könnte. Sämtliche Ringe, Armbänder und Glitzerkram, bei
dem man auf einen Blick sehen konnte, daß sie bestimmt nicht magischer Natur
waren, wanderten also in sein...Inventar, oder wie auch immer er es nennen
mochte.


Nun standen ich und Morte (naja, also er *stand* nicht) im südöstlichen Teil
des Stocks, und sahen uns die Gegend an. Die Kneipe "Zur Schwelenden Leiche"
fiel mir sofort ins Auge...und übte eine starke Anziehungskraft auf mich
aus. Es schien mir fast, als ob ich sie schon einmal betreten hatte...
In der Hoffnung, einige Antworten finden zu können, betrat ich das
Etablissement.

Gleich nachdem ich eingetreten war, schlug mir eine sengende Hitze entgegen.
Mögen die Mächte mir beistehen, aber über dem Grill schwebte ein brennender
Mensch! Nach einiger Betrachtung schien er sich jedoch nicht ausschließlich
vor Schmerzen zu winden...er erweckte in mir sogar den sehr merkwürdigen
Eindruck, daß er das auf eine bestimmte Art und Weise genoß...

Ich sah, wie eine Frau, die gleich links am Eingang stand, ihn mit Trauer
in ihrem Blick anstarrte. Da sie offensichtlich etwas wußte, sprach ich sie
auf die Schwelende Leiche an. Es stellte sich heraus, daß er wohl ihr
Geliebter und ein Magier war, noch dazu ein Vollblut, der aber mal
durchdrehte und ganze Teile des Stocks in Asche verwandelte. Also schlossen
sich die anderen Zauberkundigen von Sigil zusammen, und öffneten einen
Feuerkanal. Genau durch ihn hindurch. Daß er sich durch pure Konzentration
am Leben hielt, grenzte an mein (damals noch sehr eingeschränktes)
Verständnis von Magie.

Weiter links stand jemand, der wohl an jedem einzelnen Krieg teilgenommen
hatte, den es gab. Sein Name war Ebb Knarrknie, und er spielte für mich den
Schlepper, noch dazu kostenlos. Ich erfuhr so einiges über Sigil, die
Dame der Schmerzen und die Portale. Falls ich Fragen zu den Ebenen hätte,
sollte ich mich an Candrian wenden, der gleich neben ihm stand.
Neugierig folgte ich dieser Empfehlung, und es stellte sich heraus, da
Candrian einer war, der die Ebenen in und auswendig kannte. Nach einem
Gespräch über alle verschiedenen äußeren, inneren, materiellen und sonstigen
Ebenen fühlte ich mich selbst wie ein Multiversumsreisender. Merkwürdiger-
weise ließ Candrians Erwähnung des Blutkrieges einen sonderbaren Schauer
über meinen Rücken laufen. Außerdem gab er mir einen Schutztalisman gegen
Schatten, ein negatives Zeichen, daß lediglich in zwei Dimensionen zu exis-
tieren schien.
Beinahe hätte ich die arme Ingress mit den klappernden Zähnen vergessen.
Candrian bat mich, ihr auszurichten, da sie sich mit ihm treffen soll,
dann würde er sie nach Hause schicken.

Frisch gestärkt mit einer weiteren guten Tat und immensen Wissen über die
Ebenen, sah ich nun, etwas näher am Tresen, einen dieser zahlreichen Möchte-
gern-helden, der mir aber etwas verloren vorkam. Da er hier gestrandet war,
und offenbar ein völlig falsches Verständnis von den Ebenen hatte, brachte
ich mein kürzlich erworbenes Wissen an den Mann und verschaffte ihm etwas
mehr Klarheit.

Ich schlenderte weiter durch die Kneipe, als ich ein mir bis dahin völlig
unbekanntes Wesen sah, daß sehr in Gedanken versunken dasaß und brütete.
Ich sprach ihn an, und ich erfuhr, daß er Dak'kon hieß und ein Githzerai
war, einer dieser rätselhaften Bewohner des Limbus. Fast von selbst
verfielen ich und er in ein ausgiebiges philosophisches Gespräch über
*Wissen* und *Selbstkenntnis*. Anscheinend hatte ich ihm einen neuen
Ansatzpunkt geliefert, denn er äußerte den Wunsch, mich begleiten zu dürfen.
Dankbar für jede Hilfe nahm ich an.
Durch das lange Philosophieren schienen sich mir völlig neue Welten zu
öffnen, und meine Weisheit nahm merklich zu.

Ich wollte gerade weitergehen, als ich noch jemanden sah, der sehr unwirk-
lich wirkte. Wie ich herausfand, handelte es sich hierbei um O, ein götter-
gleiches Wesen, daß mich schon seit geraumer Zeit beobachtet hatte. Zum
Beweis seiner Herkunft öffnete er mir kurz die Augen für sämtliche
Geheimnisse des Universums...es war unbeschreiblich. Ich konnte förmlich
fühlen, wie meine Intelligenz zunahm.

Der Wirt sah mich schon die ganze Zeit seltsam an, also ging ich auf ihn
zu. Er behauptete, daß ich schon vor fünfzehn Jahren (!) hiergewesen sei,
und ihm mein Auge als Pfand dagelassen hätte, weil ich einen Schaden, den
ich offenbar ihn einen Wutanfall verursacht hatte, nicht vollends begleichen
konnte. Da ich noch nicht bereit war, dieser hanebüchenen Geschichte Glauben
zu schenken, fragte ich ihn lieber nach den Gästen hier.
Er beklagte sich über eine Staubmenschenfrau, die anscheinend vorhatte,
die Zeche zu prellen. Ich versprach, mich darum zu kümmern.

Mochai, so hieß die werte Dame, war gar kein Staubie. Allerdings trug
sie deren Kleidung, aber sie hatte wohl nichts mit dem Dieb zu tun, von dem
Norochj gesprochen hatte. Wie dem auch sei, sie war so blank wie Mortes
Hinterkopf, also half ich ihr mit hundert Kupferstücken aus, nett wie ich
bin. Allerdings folgte ich ihr bis zum Tresen, denn ich bin schließlich
kein kompletter Dussel. Nachdem sie einen Teil der Rechnung beglichen hatte,
verließ sie die Kneipe. Zur Feier des Tages servierte mir der Wirt dann
einen edlen Tropfen aus den Wasserebenen. Dagegen schmeckte normales Wasser
wie aufgewärmte Styxbrühe.


Wir drei verließen die Kneipe, und wurden sofort von ein paar Dusseln ange-
griffen. Hier zeigte Dak'kon, was eine Waffe, die mit den Gedanken geformt
wird, für einen Schaden anrichten kann.
Einer der drei Angreifer verlor durch die Bekanntschaft mit der scharfen
Karach-Klinge glatt den Kopf, ein anderer wurde durch einen Zauberspruch
des Githzerai eingeäschert.
Morte indessen schoß eine wahre Schimpfkanonade auf den dritten,
der daraufhin wie wild auf ihn zurannte. Sein Fehler, denn Morte flog an
mir vorbei, immer noch die übelsten Vulgärsynonyme ausstoßend, und der
Dussel, der ihm mit wildem Blick hinterherwezte, rannte mir förmlich in den
Dolch, den ich bereithielt.

Diese jüngsten Totenbüchler von Sigil hatten etwas Kupfer, das sie nun nicht
mehr brauchten. Ich nahm das mir als Entschädigung für den Ärger, und ging
weiter, links an der Kneipe vorbei.
Unterwegs kamen wir an einer der vielen Huren vorbei, und Morte wollte doch
tatsächlich, daß ich ihm etwas Klimper gab. Ich fragte ihn nicht einmal,
wie er das anstellen wolle, sondern sagte nach einem Blick auf das Weib,
daß er mir dankbar sein solle, denn ich bewahre ihn hier sicherlich vor einem
zweiten Tod. Daraufhin spie das Mädchen Gift und Galle, und Morte starrte
wie hypnotisiert auf die Flut von neuen Schimpfwörten. Sah so aus, als ob
er hier jemand Ebenbürtigen gefunden hatte. Jedenfalls lernte er eine Menge
neue "Spottgeschütze", wie er sich ausdrückte, was seine "Litanei der
Flüche" sicher noch wirksamer machte.

Schließlich sahen wir noch so ein paar Typen, ganz in Rot und Schwarz,
an der westlichen Seite der Kneipe herumlungern, die den Ärger förmlich
suchten. Morte, der immer noch in Gedanken seine neuesten Errungenschaften
vor sich hinbrabbelte, nahm die Schläger gar nicht wahr, und das führte dazu,
da einer von ihnen wohl die Beleidigungen auf sich bezog.
Nach ein paar Sekunden hatten wir wieder für Nachschub für die Sammler
gesorgt. Neben einer Blutträne, (die ich Morte sofort verabreichte, denn er
sah nicht mehr so gut aus, nachdem der Anführer der Schläger ihn fast zweigeteilt
hatte) fand ich noch eine seltsame Kette, die bestimmt einem Schlucker gehört hatte.
'Besser ich als die Sammler', dachte ich, und steckte das Ding ein.

Entferntes Jaulen erinnerte mich zwar an Sev'Tai und mein Versprechen, aber
im Moment stand es mit unserer Gesundheit einfach nicht zum Besten, und ich
wollte nicht wieder in der Leichenhalle aufwachen. Also entschied ich mich
für den sicheren Weg, und wand mich wieder nach Norden. Ich hatte vor, mich
in der Offenen Gruft auszuruhen und anschließend Ingress mitzuteilen, daß
sie sich mit Candrian treffen sollte.